Beschneidungsdebatte

Von Yuan (Sarah) Yue & Xiqiao (Shirley) Huang, 25.03.2015

Die Einleitung 

Bernhard Schlink schreibt eine kurze Liebesgeschichte von einer amerikanischen Jüdin Sarah und einem deutschen Junge Andi. Andi verliebt sich so viel in Sarah, dass er beschnitten wird. Durch diese Geschichte zeigt Schlink, dass manche Deutsche das Judentum und auch die Bedeutung der Beschneidung überhaupt nicht verstehen könnte. Das Thema von der Beschneidung ist heutzutage in Deutschland heftig debattiert.

Gemäß des Brauches des Judentums und des Islam müssen Jungen, die diesen Religionen angehören, beschnitten werden. Fälle wie der Folgende lösen in Deutschland immer wieder kontroverse Debatten über dieses Thema aus: 2010 wurde ein vierjähriger Junge in einer Kölner Arztpraxis auf Wunsch seiner muslimischen Eltern beschnitten. In den Tagen nach der Operation litt der Junge unter so starken Blutungen, dass er in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin Anklage gegen den Arzt. Das Urteil: „ Körperverletzung“.

Ausstellung/ Haut ab!

Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen/ Foto: Anne Gold

Die Stimme der Beschneidungsbefürworter

Obwohl manche Leute gegenüber die Beschneidung sind,  um die Kinder zu schützen, befürworten andere Leute die Beschneidung. Beschneidungen im Judentum: Unter die Haut ist ein Debattenbeitrag von Gunda Trepp (Spiegel Online, 27.02.2012). In diesem Artikel vertritt sie die Meinung, dass die Beschneidungsdebatte mit Vorurteilen und Unwissenheit überladen ist. Trepp klagt die Doppelmoral der Beschneidungsgegner an. Sie untermauert ihre These mit dem Hinweis, dass „im letzten Jahr(e) im Durchschnitt jede Woche ungefähr drei Kinder in Deutschland sterben mussten, weil sich niemand um sie gekümmert hat oder sie direkter Gewalt ausgesetzt waren”. Es ist zynisch, dass sich nur wenige für das Wohl dieser Kinder interessieren, obwohl nahezu die Hälfte der Deutschen strikt gegen die Beschneidung aus Gründen des Kinderschutzes ist.

Außerdem ist sie der Ansicht, dass die Beschneidungsgegner schlecht über das Judentum informiert sind. Gewalt gegen Kinder sowie Missbrauch sind durch die Regeln des Judentums daher ausdrücklich verboten. Das Letzte was jüdische Eltern wollen, ist ihre Kinder zu verletzen. Zusätzlich nutzt die Autorin das Beispiel ihrer eigenen amerikanisch-jüdischen Familie und betont, dass Kinder eine Religion und Traditionen brauchen. Die Beschneidung gebe den Kindern hierbei eine Orientierung dafür. Daher sei sie nicht nur ein Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Juden, sondern auch ein körperliches Merkmal, welches die Juden von Generation zu Generation verbindete.

Daher ist eben jene nicht nur ein Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Juden, sondern auch ein körperliches Merkmal, welches die Juden von Generation zu Generation verbindet.

Genauso wie Frau Trepp vertritt die Autorin Gil Bachrach die Meinung, dass die Leute nur aufgrund von Unwissenheit gegen Beschneidung sind. Sie erklärt in ihrem Artikel Juden: Unbekannt, dass es kaum Juden in Deutschland gebe (Zeit Online, 12.09.2012). Aus diesem Grund kennen die meisten Deutschen keine jüdischen Traditionen. Sie erläutert, dass „jüdische Eltern ihre Jungen seit vielen Tausend Jahren beschneiden lassen”. Die Juden sehen die Beschneidung als natürliches Verhalten, genauso wie die Durchtrennung der Nabelschnur. Sie wollen diese Tradition nicht aufgeben.

Beide Artikel haben Leserkommentare von sowohl Beschneidungsbefürwortern als auch -gegnern. Diese führen eine stürmische Debatte. Die Gegner kritisieren, dass die Autorin im Namen der Religion den Kinderschutz ignoriert. Manche Leser fürchten sich vor dem Missbrauch der Religion. Die Befürworter betrachten die Beschneidungsgegner als Rassisten, und erwähnen daher auch aufkommenden „Antisemitismus”.

William Gross/ The Gross Family Collection, Tel Aviv

William Gross/ The Gross Family Collection, Tel Aviv

Die Stimme der Beschneidungsgegner

Kurz nach der Geburt kennzeichnet die Beschneidung Menschen als Juden und ohne Zweifel ist dieser Eingriff ein wichtiger Teil des jüdischen Erbes und Lebens. Natürlich wollen sie davon nicht ausgeschlossen werden, auch um ihre Tradition weiterzureichen. Andere Leute sind aber dagegen, da das Ritual der Beschneidung ihren jüdischen Werten widersprechen kann. Der jüdische Filmemacher Victor S. Schonfeld ist einer der Gegner. Am 30. November 2012 stellt er in der Süddeutschen Zeitung fest, dass dieses Ritual nicht erlaubt sein sollte: „Sollte dieser Entwurf der Bundesregierung, der es Eltern erlaubt, ihre minderjährigen Söhne beschneiden zu lassen, angenommen werden, so wäre das tief beklagenswert.” Außerdem nimmt er damit Bezug auf seine Dokumentation über die Beschneidung von Jungen ,,It’s a Boy.”

Obwohl Schonfeld als „Jude voller Selbsthass” beschuldigt wird, begründet er seine Meinung mit überzeugenden Daten und Fakten. Basierend auf der Forschung und Analyse von Dr. Ronald Goldman des „Jewish Circumcision Resource Centre” zeigt Schonfeld, dass tausende Jungen in Folge ihrer Beschneidungen an Blutungen und Infektionen leiden und weitere hunderte täglich der Lebensgefahr ausgesetzt werden. Ein religiöser Brauch, der Schmerzen verursacht, für großes Leid sorgt, und in Extrembedingungen zum Tod führen kann, sollte in einer modernen Gesellschaft nicht die Wurzel der jüdischen Seele verkörpern.

Ein weiteres Argument des Autors ist, dass jedes Kind, egal wie alt es ist, Rechte besitzt und unter der UN-Kinderrechtskonvention geschützt wird. Schonfeld stellt zwei Dinge gegenüber, um diese Meinung zu erklären. Er weist darauf hin, dass Deutschland zu den ersten Ländern gehört hat, die die Züchtigung von Kindern verboten haben. Es wäre sogar widersprüchlich, wenn Deutschland eine Tradition schützen würde, die gegen das Kinderrecht verstößte.

Außerdem stellt Schonfeld ergänzend fest, dass die Beschneidung offenbar im Widerspruch zur jüdischen Erziehung steht, die das Leiden von Lebewesen immer zu vermeiden versucht. Wenn dies so tief in den jüdischen Werten verwurzelt ist, sollten Juden die Beschneidung für Jungen weder akzeptieren noch an diesem Ritual festhalten.

Am Ende seiner Argumentation kritisiert Schonfeld das wahre Lob für einen Schöpfer. Er ist der Meinung, dass die Begrüßung eines Neugeborenes mit dem uralten Ritual der „operativen Korrektur” nicht den Interessen des „Schöpfers“ entspricht. Folglich handelt man nur im Interesse des „Schöpfers“, wenn alle Kinder natürlich und ohne Beschneidung auf die Welt kommen. Letztendlich appelliert Schonfeld an die Bundestagsabgeordneten, die Rechte von Kindern im 21. Jahrhundert in Bezug auf diese Thematik zu stärken.

http://www.sueddeutsche.de/politik/beschneidung-wo-das-recht-seine-grenzen-erreicht-1.1450827

http://www.sueddeutsche.de/politik/beschneidung-wo-das-recht-seine-grenzen-erreicht-1.1450827

Andere Stimmen

Leser Sören Heim schließt sich der Auffassung von Schonfeld an: „Es ist zwar einleuchtend, dass die Beschneidung von Minderjährigen mit dem Recht auf körperliche Unversehrtheit unvereinbar ist,” aber er kritisiert auch, dass die Beschneidungsdebatte in die falsche Richtung geht (Zeit Online, 24.07.2012). Statt über mögliche Folgen der Beschneidung zu diskutieren, wird das allgemeine Judentum immer heftiger von den Beschneidungsgegnern diffamiert. Heim stellt in der Zeitung fest, dass er dies nicht unterstützt: „Die Diskussion verläuft im Spannungsfeld zwischen religiösen Traditionen und aufklärerischem Idealismus.” Einerseits ist das Urteil „Strafbare Körperverletzung“ im Falle des Jungens angebracht und im Sinne des Rechtspositivismus. Andererseits ist es möglich, dass antisemitische und antimuslimische Vorurteile im Zuge der Aufklärung gefördert werden. Einige der Leser schließen sich dieser Meinung an. Interessant ist, dass manche glauben, dass Heims Ideen die Probleme der Beschneidung grundsätzlich nicht lösen.

Zusammenfassung

Das Thema Bescheidung ist sehr polarisierend, folglich gibt es meistens entweder Befürworter oder Gegner. Diese streiten sich über die Frage, was mehr wiegt: die Religionsfreiheit der Eltern oder das Recht eines Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Der Bundestag hat kürzlich einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung beschlossen, welcher die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen in Deutschland weiterhin erlaubt. Trotz oder erst recht wegen dieses Beschlusses wird die Debatte über dieses Thema auch in der Zukunft noch relevant sein.

 

Die Zitierung:

Das Extra: